Es sollte noch eine Geburt im alten Jahrtausend sein. So wurde der 9. September 1999 der Geburtstag des wohl ersten virtuellen Museums in Deutschland. Es ist der dokumentierte Tag der offiziellen Marken-Anmeldung „Legenden-Museum“ beim Deutschen Patent- und Markenamt, das die „Geburtstage“ für Firmen und ähnliche Projekte verwaltet. Später kam für den besseren Namensschutz „CRYPTONEUM“ (für „Das Verborgene“) hinzu. Noch im September 1999 wurde das Museum institutionelles Mitglied im Museumsverband Mecklenburg-Vorpommern. Es ist längst auch korporatives Mitglied im Deutschen Museumsbund.

Ob jemand mit 25 Jahren schon alt ist oder nicht, hängt auch von dem zu erwartenden Lebensalter ab. Eine Riesenschildkröte oder eine Eiche sind da noch recht jung. Museen sind mit 25 Jahren ebenfalls jugendlich. Internet-Firmen in diesem Alter gehören allerdings schon zu den Langzeit-Überlebenden. Vor allem für Jüngere wurde das Legenden-Museum vor 25 Jahren aus der Taufe gehoben. Die Idee für das neue Museum war, dass Kinder (auch Erwachsene), die nicht mehr so gerne Bücher lesen, dann die gleichen Texte im Internet vielleicht eher annehmen würden.

Kaum wurden ab Oktober 1999 bis Ende 2000 die ersten 3D-Bilder von Ausstellungsräumen des Legenden-Museums ins Internet gestellt, da hatten die analogen Museumskollegen schon neidisch-scherzhafte Anmerkungen: Ich hätte es als Leiter ja einfach, da ich mich weder um das Putzen der goldgerahmten Bilder noch die Reinigung des spiegelglatten Bodens kümmern müsse. Und damals staunte man noch, wenn ich von einem Museum sprach, das täglich 24 Stunden kostenlos geöffnet habe und das von nahezu jedem Ort der Welt besucht werden könne. Heute kann man darüber nur schmunzeln.

Aus meiner (analogen) Museumstätigkeit als Mitarbeiter und Leiter kenne ich die Erfordernisse an ein Museum. Die CRYPTONEUM-Sammlung besteht vor allem aus heimischen Sagen des Landes Mecklenburg-Vorpommern, enthält aber auch Beispiele aus Deutschland und der Welt. Zum 25. Geburtstag schuf Illustrator Steffen Jähde für Vorträge das Bild des Legenden-Museums im Stil des vorpommerschen Kinderbuches von 2024 mit heimischen Sagen und drei weltweiten sagenhaften Beispielen aus Gizeh, Rom und Singapur. Sagen sind als Texte und Bilder im Legenden-Museum digital gut zu sammeln und auszustellen. Es sind vor allem selbst recherchierte und kulturgeschichtlich aufgewertete Sagen, die an noch heute erlebbare Orte führen. Ein Foto gibt es dazu, sobald die Sage unter www.cryptoneum.de erscheint.

Ursprünglich wurden die Internet-Seiten für das 14 Zoll-Computer-Format optimiert. Die 3D-Säle und das Content-Management-System sowie einen selbst kreierten Internet-Shop hatte das Schweriner Unternehmen Medienwerkbank von Patrick Jöst gebaut. Der Mediendesigner betreut das Legenden-Museum noch heute. Das Ganze hat problemlos geplant durchgehalten bis zum Juli 2020, als es einen lange vorbereiteten 16:9-Format-CRYPTONEUM-Neuaufbau für alle digitalen Endgeräte gab. Anlass für den Redesign-Start war ein 45-Minuten-Film des NDR über die Sagen der Grenzregion zwischen den alten Ländern Mecklenburg und Pommern, der in Kooperation mit dem Legenden-Museum entstand. Die zehn darin vorkommenden Sagen waren in Bild und Text schon vor dem Film-Start in den News des CRYPTONEUMs zu finden.

Da rückblickende Beiträge über das Legenden-Museum bereits in den Museumsmitteilungen der Jahre 2007, 2015 und 2019 erschienen sind, mag hier auf die vergangenen fünf Jahre zurückgeschaut werden. Im Jahr 2019 wurde der Antrag „Die Vielfalt des Sagenerzählens in Mecklenburg-Vorpommern“ mit 75 Sagen-Sammelnden im Lande, darunter zehn Museen, eingereicht. Am 19. März 2021 wurde unser Antrag in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission aufgenommen. Wir hatten uns beispielhaft mit Modell-Charakter für andere deutsche Bundesländer dafür beworben. Allein in Mecklenburg-Vorpommern gehen wir von etwa 50.000 Sagen aus, die in Formaten wie Text, Illustration, Theater oder im Internet erzählt werden.

Aus dieser Auszeichnung ergibt sich vor allem eine von der UNESCO geforderte innovative Nachhaltigkeit beim Sagen-Erhalt. Die ersten Sagen-Bücher im Lande sind schon mehr als 200 Jahre alt. So stellt sich die museumstypische Aufgabe einer Langzeit-Sicherung der digitalen Sagen in Wort und Bild neben dem Erhalt von Sagen-Büchern aus der Bibliothek des Legenden-Museums. 2023 wurden die von der Gesellschaft zur Wahrung des Wossidlo-Archivs erstellten Texte und plattdeutschen Sagen-Ton-Dateien im Bestand der Universität Rostock überprüft und miteinander verknüpft festgehalten. 2024 konnten vier Kohle-Zeichnungen zu einer Wismarer Sage der Grafikerin Britta Matthies an das Stadtgeschichtliche Museum Wismar Schabbel übergeben und in dessen Bestand eingearbeitet werden. 2024 wurden, als eine weitere Aktivität des Museums, an die Bibliothek der Universität Rostock die Matthies-Illustrationen eines mecklenburgischen Sagen-Buches der 1990er-Jahre aus dem Hinstorff Verlag zur Sicherung übergeben.

Auf diese sichernde Nachhaltigkeit versuchen Sagen-Sammelnde auch in Zukunft zu achten; Museen können dazu Hilfestellung geben. Die Original-Bilder von Andrea Sommerfeld zum roten Sagen-Band „Riesen, Zwerge, Fabeltiere. Sagen aus Mecklenburg für Kinder“ (2020) wurden bei der Stiftung Mecklenburg als Herausgeberin gesichert und werden für Ausstellungen genutzt. Beim baugleichen blauen vorpommerschen Pendant „Greife, Burgen, Wundereiche. Sagen aus Vorpommern für Kinder“ (2024, bei beiden ist Hartmut Schmied der Autor) beachten wir die Sicherung der Original-Illustrationen von Steffen Jähde ebenso.

Die Sagen-Texte aus dem CRYPTONEUM gehen in Zukunft eher in die Tiefe (mit ausführlichen Herkunftsnachweisen) als in die Breite. So erscheint jährlich ein Beitrag zu einer Sage mit Tieren im „Jahrbuch für Kryptozoologie“ mit je etwa zwölf Seiten, darunter die Rathausschlange in Rostock, das Ungeheuer im Schweriner See oder die Muränen im Schaalsee.

Für den Beitrag zu den Muränen am Schaalsee war ich 2023 eine Woche lang vor Ort an mehr als einem Dutzend Foto-Standorten. Dabei nutzte ich flexibel Auto und Zelt mit umfangreicher Ausstattung (Foto oben). Die Fotos und Video-Sequenzen werden in Vorträgen verwendet und können so zum Besuch der Sagen-Orte anregen. Zur Foto-Erweiterung der Sage um den Astronomen Tycho Brahe mit der goldenen Nase (Rostock) waren der Skipper Thomas Cardinal von Widdern und ich im Jahre 2019 mit dem Segel-Boot „Merlin“ für zehn Tage zur schwedischen Insel Ven unterwegs. 2024 folgte ein Segel-Törn rund um Hiddensee, um die für das aktuelle Kinderbuch recherchierten Vorpommern-Sagen bildlich zu unterstützen.

Ab dem Jahr 2025 gilt es, die Lücke zwischen heimischen und internationalen mit weiteren gesamtdeutschen Sagen in Wort und Bild zu schließen. Bis zum 50. Geburtstag des CRYPTONEUMs ist also noch gut zu tun …

(Vorabdruck aus den Mitteilungen des Museumsverbandes in Mecklenburg-Vorpommern e. V. 2024; Text: Hartmut Schmied)

Bild oben: Hartmut Schmied beim Campen während der Schaalsee-Sagen-Foto-Tour 2023. Foto: Hartmut Schmied

Bild 1 links: Cover des neuen Buches von Hartmut Schmied: Greife, Burgen, Wundereiche. Sagen aus Vorpommern für Kinder, Wismar 2024. Layout: Steffen Jähde und callidus Verlag Wismar.

Bild 2 links: Bild des Legenden-Museums im Stil des vorpommerschen Kinderbuches von 2024 mit heimischen Sagen und drei weltweiten sagenhaften Beispielen aus Gizeh, Rom und Singapur; Layout: Steffen Jähde

Bild 3 links (pdf): Hartmut Schmied, Unterwegs zu den Muränen im Schaalsee, in: Jahrbuch für Kryptozoologie 4-5/2024, Seiten 115 bis 126